Rationalismus (Italien)

Der Rationalismus (Razionalismo) ist eine architektonische Stilbewegung des Modernismus der späten 1920er Jahre und 1930er Jahre in Italien, der sich durch eine Rationalisierung im Sinne einer Abstraktion durch Reduktion von architektonischen Grundelementen sowie den bewussten Einsatz damals revolutionärer Baumaterialien wie Eisenbeton, Stahl und Glas auszeichnete.

Der Rationalismus wurde nach dem Ersten Weltkrieg maßgeblich von norditalienischen Architekten (unter anderem Giuseppe Terragni bzw. der Gruppo 7) entwickelt. Er versteht sich als revolutionäre Haltung gegenüber den akademischen Stilen, die u. a. an den Universitäten und Akademien gelehrt wurden (Historismus, Neoklassizismus, Eklektizismus, Novecento). Der razionalismo kann allgemein auch als Teilbewegung des architektonischen Modernismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts verstanden werden und markiert Italiens architektonischen Aufbruch in diese Epoche. Dies gilt umso mehr, zumal Italien, wie Bruno Zevi bemerkte, „weder einen Wright, noch einen Gropius, einen Le Corbusier, einen Mendelsohn, einen Mies oder Aalto“ ([1]) hervorgebracht hat.

Giuseppe Terragni: Kindergarten Sant’Elia in Como, 1936–1937

In architekturpolitischer Hinsicht ist unter anderem bemerkenswert, dass die Bewegung der Rationalisten in Italien schon bald an einen Punkt gelangt war, sich als die Architektur des Faschismus zu begreifen.

Ein architektonischer Grundtyp des Rationalismus ist der Skelettbau, ohne vorgehängte dekorierte Fassade mit einer Vierkantpfeilerkolonnade im Erdgeschoss bzw. über großzügige Treppen erreichbarem Hochparterre, regelmäßiger Fenstergliederung im statischen Raster oder in einer Lochfassade ausgebildet und orthogonaler Stahl- oder Aluminiumprofilrahmen-Unterteilung der Fensterscheiben. Oft wurden die Sichtbetonfassaden trotz hohen Abstraktionsanspruchs dennoch bemalt, verputzt oder mit Natursteinplatten (u. a. Travertin) verkleidet. In den 1950er Jahren wurden in Italien Studien zum Rationalismus und zur Methodik der Wissenschaft im zwanzigsten Jahrhundert entwickelt, insbesondere von Gualtiero Galmanini, der einen Eindruck hinterließ, dem später viele folgten, und der die Stararchitekten seiner Zeit beeinflusste.

  1. Bruno Zevi: Giuseppe Terragni. Zürich 1989, S. 18

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